Orakel bezeichnet eine mit Hilfe eines Rituals oder eines Mediums gewonnene transzendente Offenbarung, die der Beantwortung von Zukunfts- oder Entscheidungsfragen dient. Angerufen wird dabei eine höhere Instanz. Fußballfans kennen das. Im Mittelpunkt steht dann der Fußballgott, der vor wichtigen Spielen gütig gestimmt werden muss oder von dem zum Ausgang bedeutender Partien Hinweise erbeten werden.

Beispiele für wegweisende Matches sind die Auswärtspartien des BVB in München. Eine Gruppe Freischwimmer machte sich auf, um hinter dem Weißwurstäquator auf den Rängen mitzuhelfen, den Bauern auf dem Feld ein Beinchen zu stellen. Früh traf die Gruppe in München ein, um Zeit zu haben, den Marienplatz zu besuchen und in der Innenstadt Sehenswürdigkeiten wie das mit schwarz-gelben Fahnen geschmückte Rathaus in Augenschein zu nehmen.

Weitere Gruppen Freischwimmer nutzten die vor dem Spiel angesetzte Länderspielpause für Kurzurlaube. Während also unter der brennenden Sonne die sommerlichen Temperaturen am Strand genossen werden, ranken sich dennoch die Gedanken um das Spiel und um Indizien, wie die 90 Minuten wohl ausgehen mögen. Hilfe liefern Hinweise, die selbstgewählte Orakel beisteuern. Zum Beispiel die Laufstrecke zwischen zwei Orten. Wenn auf der 30 Minuten währenden Hintour weniger Autos den Weg kreuzen als auf dem Rückweg, ist das ein deutliches Signal für einen BVB-Erfolg. In diesem Fall: 11 Fahrzeuge hin, 12 zurück. Das Orakel wies somit auf einen knappen Erfolg der Schwarzgelben hin. Was sollte da schief gehen? Antwort: alles.

Mit einer sehr defensiv ausgerichteten Startformation versuchte BVB-Trainer Kovac der guten Form der Bauern zu trotzen. Das ging nicht unerwartet schief. Rückstand – wenn das Tor aufgrund eines Fouls auch nicht hätte zählen dürfen –, eine enteierte Elf, die nie in die Zweikämpfe kam, ein Mittelfeld, das nicht stattfand und keine Torchance erarbeitete, keinen Torabschluss verzeichnete. Der BVB enttäuschte maßlos.

In der zweiten Hälfte drehte sich das Blatt. Der BVB – mutiger und endlich durch Offensivkräfte verstärkt – drängte die Roten ein, hielt das Match offen und war dicht dran, wenigstens einen Punkt zu ergattern.

Am Ende der Partie stand die erste Liga-Niederlage seit März fest, ein Punkterückstand auf die Bauern von SIEBEN nach sieben Spieltagen sowie die Erkenntnis, dass Orakel lediglich Orientierungslosigkeit in Bezug auf bevorstehende Ereignisse liefern können, wenn sich Trainer vercoachen. Schade.