Die Welt lässt uns nicht los

Freischwimmer begleiten Borussia nach Mainz zur Mewa-Arena

27. September 2025

Die Widersprüchlichkeit der Welt ist näher als vielfach gedacht. Die Konfrontation mit dem unvorstellbaren Leid, das Menschen in vielen Regionen auf dem Globus zu ertragen haben, erfolgt unerwartet und manchmal sehr unvermittelt.

Wie zum Beispiel im Zug nach Mainz, den eine Gruppe Freischwimmer nutzten, um den BVB zum Auswärtsspiel zu begleiten.

Im Abteil drehten sich die Diskussionen um Aufstellung und taktische Varianten, die eventuell am Zielort und in der roten Schuhkarton-Arena zum Erfolg führen könnten. Als plötzlich Mitreisende gegenüber der Sitzreihe im Gespräch erwähnen, für Care Deutschland zu arbeiten, sich um Palästina zu kümmern und die in der letzten Woche in Gaza-Stadt ums Leben gekommene Helferin eine Kollegin gewesen ist. Die 27-Jährige Tasneem Shublaq sowie ihre fünf und drei Jahre alten Kinder wurden bei einem Luftangriff letzten Mittwoch getötet. Das lässt einen sprachlos zurück und den Kosmos Fußball schlagartig unbedeutend werden.

Eine kleine Hilfestellung, das Schreckliche, das scheinbar nicht Änderbare auszuhalten, bietet die Ambiguitätstoleranz. Ein spannender Ansatz, den eine ausgebuffte Freischwimmerin erläuterte. Demnach bedeutet es, Fähigkeiten zu erlangen, das Unsichere, das Unklare anzunehmen, auszuhalten und konstruktiv zu betrachten. Das von der Psychologin Else Frenkel-Brunswik aus der Autoritarismus-Forschung abgeleitete Konzept fördert das Verständnis autoritärer Tendenzen, die interkulturelle Kompetenz, die Resilienz und einen konstruktiven Umgang mit komplexen gesellschaftlichen und politischen Fragen. Die Toleranz fördert jedenfalls die emotionale Stabilität, die im Falle einer Auseinandersetzung mit dem, was im Nahen Osten passiert, schnell verloren zu gehen droht.

Mit dem schweren Thema im Gepäck folgte der Marsch in die Mewa-Arena, nicht ohne auf der Strecke in Form von Stickern Spuren zu hinterlassen. Auch, um sich etwas abzulenken. Dazu geeignet war zudem das Spiel. Souverän spulte das Kovac-Team die Partie herunter, ging nach einer Schrecksekunde – ein Mainzer Pfostentreffer – zügig mit 2:0 in Führung. Das Ergebnis behielt nach 90 Minuten Bestand. Wieder ein Sieg. Wieder zu Null. Die gute Tabellenposition wurde behauptet. Somit steuerten erleichterte Freischwimmer nach dem Feiern der Mannschaft mit dem Shuttlebus den Mainzer Bahnhof an, um den Regionalzug nach Frankfurt und dort den ICE nach Dortmund zu besteigen.  

Ein paar Kaltgetränke taten der Stimmung keinen Abbruch. Wenngleich doch die Gedanken hin und wieder Richtung Palästina wanderten. Tasneem Shublaq. R.I.P.in