Als Sch´tis auf den Arm genommen, immer noch gebeutelt vom Schicksal und dem Niedergang der Industrie ab den 70er Jahren, von der Zentralregierung in Paris nicht gerade mit großer Aufmerksamkeit bedacht: Die Nordfranzosen rund um das Zentrum Lille mussten und müssen in Vergangenheit und Gegenwart einiges schlucken. Seit dem Auftritt des BVB im Rückspiel um den Einzug ins Viertelfinale der Champions League kommt für die Leute der Region Hauts-de-France im Grenzgebiet zu Belgien eine weitere, bittere Pille dazu: 2:1 siegten die Schwarzgelben und schmissen den LOSC aus dem Wettbewerb.
Die Frei Schwimmer machen sich mit Bussen der Fanabteilung und den Away-Subs aus Werdohl sowie eigenen Fahrzeugen direkt am Spieltag am frühen Mittag auf den Weg, um nach knapp 5 Stunden entspannt in Sichtweite des Stade Pierre-Mauroy auf die Parkplätze zu rollen. Die Stimmung nach dem 1:1 im Hinspiel sowie der 0:1-Heimpleite im Ligaalltag gegen Augsburg war nicht gerade durch Euphorie gekennzeichnet. Zu wankelmütig, zu kraftlos, zu uninspiriert kickten unsere Kicker in den letzten Wochen ihren Stiefel herunter.
Ohne Croissants, ohne Baguette, aber in der Cateringzone stilvoll unter anderem mit Rotwein ausgestattet, ging es zügig in den Block. Das Stadion fasst 50.000 Zuschauer. Es besticht durch steil angelegte Tribünen, die der „Decathlon Arena“ Tiefe verleihen und somit gute Voraussetzungen schaffen für eine durchdringende Anfeuerung von den Rängen. Als Verstärkung lässt sich das Dach der 2012 eingeweihten Sportstätte sogar verschließen.
Genutzt hat es den Franzosen nicht. Der Support der Doggen – in den 1920er Jahren durchgesetzte Bezeichnung für den LOSC und seit ungefähr 1980 manifestiert im Vereinslogo – war in Ordnung, auf die Mannschaft aus Lille färbte er aber nicht ab. Trotz der raschen französischen Führung übernahm unser BVB immer mehr das Kommando, kreierte Chance um Chance, belohnte sich aber erst nach der Pause durch einen geschenkten Elfer und einen Beier-Böller in den Torwinkel für eine couragierte Leistung. Zufrieden strömten die Frei Schwimmer nach einer kleinen Blocksperre zurück zu den Fahrzeugen, um die 350 Kilometer nach Dortmund unter die Räder zu nehmen.
Währenddessen genoss ein anderer Teil der Frei Schwimmer die Wärme, die Kaltgetränke und die Domestizierung der Doggen im geschmückten Clubhaus der befreundeten Schwarz-gelben Lüner. Micha: Danke für die Gastfreundschaft. Zusammen Borussia zu schauen macht einfach doppelt so viel Spaß…
Jedenfalls mehr Spaß, als die Sch`tis hatten. Als eine von acht direkt qualifizierten Mannschaften flog der LOSC in der ersten KO-Runde raus. Ein Schicksal, das in diesem Fall sogar geteilt wird. Mit Liverpool. Mit Atletico. Mit Leverkusen.