Saisonstart. Was hat man früher dem Beginn einer neuen Spielzeit entgegen gefiebert. Sich das neue Trikot besorgt. Sich gefragt, ob die neuen Spieler das Team verstärken. Ob die Langzeitverletzten das gewohnte Leistungsniveau wieder erreichen. Dem Trainer es gelingt, spielerisch die Mannschaft weiter zu entwickeln.
In diesem Jahr war alles anders. Es fehlte schlicht die Fantasie, im Kader durch die Begleitumstände – fehlende Transferaktivitäten -, uninspirierte Auftritte während der Club-WM Besserung erwarten zu dürfen. Von Euphorie jedenfalls war weit und breit keine Spur. Die Erwartungshaltung tendierte gegen Null. Die Vorstellungkraft, dass das Team in jetziger Zusammenstellung plötzlich die Sterne vom Himmel spielt, sich auf dem Platz als Einheit präsentiert, kämpft bis zum Umfallen, das eigene Tor wie Löwen verteidigt und Abwehrreihen mit Tempofußball schwindelig kickt, bringt man einfach nicht mehr auf.
Inzwischen ist es sogar so weit, dass man die seit Jahren auswärts zu sehenden, biederen Vorstellungen des BVB nicht mehr ertragen möchte. Weil der Fußball keine Freude bereitet. Während es im Stadion eventuell noch Spaß macht, weil man im Vorfeld seine Freunde trifft. Schlimm wird es jedoch, wenn man das Spiel am Fernseher verfolgen muss. Nach dem Anpfiff ertappt man sich beim Gedanken, dass wieder 90 schwere Minuten bevorstehen. Und wie bei einer self-fulfilling-prophecy geht es dann los mit dem Ballgeschiebe, langsamer Spieleröffnung, tempoarmen Ballstafetten, Ballverlusten, mangelnder Laufbereitschaft und fehlender Widerstandsfähigkeit bei Gegnergegenwehr.
Und das Schlimme: Das war abzusehen. Der Kovac-Fußball und das Schielen auf Ergebnisse haben zwar in der Rückserie den Verein stabilisiert und auch aufgrund schwächelnder Konkurrenz zum 4. Platz und Champions-League-Qualifikation gereicht. Aber mehr auch nicht. Klar war, dass unser Spiel besser werden muss. Aber zählt die Entwicklung eines Teams zu den Kernkompetenzen der Kovac-Brüder? Vielleicht, wenn durch den Zukauf von Verstärkungen der Kader aufgeladen worden wäre. Durch junge, hungrige, spielstarke und zweikampfgewohnte Kicker, die auf die Arrivierten wie Brandt und Co. mächtig Dampf ausüben.
Davon war vor dem Saison-Auftakt in Pauli weit und breit nichts zu sehen. Und es stellt sich schon die Frage, warum angeblich so wenig Kohle im Topf lag, Verstärkungen zu verpflichten. Vor zwei Jahren standen wir im Champions-League-Finale, Gittens-Verkauf, Club-WM, gute Umsatzzahlen – wo ist das Geld hin? Antwort: Die Mannschaft ist zu teuer. Gehaltsniveau, Stuff, Beraterhonorare und und und lassen die Kluft zwischen In- und Output immer weiter auseinandergehen. Die BVB-DNA, unser Spielstil, unser Fußball, für den wir stehen wollen und den wir lieben, verwässert immer mehr. Sehenden Auges.
Wir holen Anfang des Jahres für Sahin Kovac. Der hat uns unterstützt, das Minimalziel in der letzten Spielzeit zu erreichen. Dafür Danke. Der Coach steht aber dafür, lieber auf Erfahrene zu setzen, wenig Risiko bei Jungprofis zu wagen, nicht aufs Ganze gehen zu wollen. Das Ergebnis gibt es auf dem Platz. Uninspirierter Schlafwagenfußball.
Und dennoch machen wir Fans uns auf, auswärts zu supporten und bei Heimspielen anzufeuern. Logisch. Weil wir den Verein lieben. Nicht aber mehr das Team. Das nervt nur noch.
Samstag in Pauli war das nicht anders. Bereits am Freitag setzten sich Frei Schwimmer in Bewegung, in Hamburg ein tolles Wochenende zu verbringen. Die Hansestadt wurde erkundet, der Dom besucht, Kneipen getestet und in zahlreichen Gesprächen untereinander und mit anderen Fans der Saisonstart vorbereitet.
Zum Kick und dem 3:3 nach einer 3:1-Führung ließe sich viel anmerken. Warum stellt der Trainer nach Pausenführung um und lässt nur noch einen Stürmer auf dem Feld? Warum bewertet der Schiri eine im Strafraum jeden Spieltag tausendfach zu sehende Situation nach VAR-Intervention als elfmeterreif? Nicht nur das. Sondern auch noch als unsportliches Halten und zeigt Rot? So ein Quatsch.
Genauso erschütternd war die Reaktion des BVB. Mit dem Anschlussgegentreffer vom Punkt bekamen alle BVB-ler auf dem Feld wieder die zu oft gesehenen Köttel in die Hose. Wie Kaninchen vor der Schlange warteten die Schwarzgelben auf das, was alle nicht überraschte. Der Ausgleich fiel. Aber wenigstens nicht mehr der Pauli-Siegtreffer. Immerhin.
Enttäuscht und desillusioniert ging es für die Frei Schwimmer per Bus, PKW und Bahn wieder zurück. Während ein kleiner Rest den Abend und den Sonntag noch an der Elbe ausklingen ließ und in Erinnerungen schwelgte an damals, als am 1. Spieltag der BVB furios in die neue Saison startete und gleich zu Beginn des Wettbewerbs ein echtes Statement setzte.